Samstag, 12. Januar 2013

Riecht nach Gefahr



Eigentlich sollten auf den Parfümverpackungen Warnhinweise stehen. Nicht etwa wegen dem aufdringlichen Duft, der Schwangere dazu bringen kann, die Strassenseite oder das Zuagabteil zu wechseln. (Generell werden öffentliche Verkehrsmittel während der Schwangerschaft ja zu olfaktorischen Geisterbahnen.)

Warnhinweise braucht es aus einem ganz anderen Grund. Realisiert habe ich das kurz vor Weihnachten. Dann haben ja Parfümwerbungen am Fernsehen Hochkonjunktur. Normalerweise lassen sie mich kalt. Meist bin ich dann sowieso am Abwaschen, Wäsche aufhängen oder am Ausfüllen der Steuererklärung (oft kann man ja sogar all das hintereinander erledigen, nur um bei der Rückkehr auf das Sofa noch immer auf Werbung zu treffen).

Neuerdings aber ist mein Bauch so schwer, so dass ich des öfteren in der Werbepause vor dem Bildschirm sitzen bleibe und nach M. brülle, damit er mir Schokoladennachschub bringt.


Während ich mir, im XL-Gammelshirt und M.s Pyjamahosen, die schweren Beine hochgelagert, den Bauch massiere, muss ich also zuschauen, wie betörend schöne Minderjährige nackt wie Gott (und Photoshop) sie geschaffen haben dem Wellenschaum entsteigen oder in hautengen Paillettenkleidern Raubtiere streicheln und nebenbei Kraft ihres Dufts Männer um den Verstand bringen.


Nicht nur fühle ich mich in dem Moment noch mehr wie ein Walross, ein uraltes noch dazu. Ich realisiere auch mit Schrecken: Die meinen damit nicht mehr mich! Ich werde nie wieder diese Frau sein! Nicht dass ich jetzt falsch verstanden werde. Ich WAR noch nie diese Frau. Ich sehe zwar nicht gerade aus wie die Zwillingsschwester der bösen Hexe in Hänsel und Gretel, aber auch nicht wie die von Gisele Bündchen.Das heisst, auch in meinen besten Jahren drehten sich die Männer auf der Strasse nicht unbedingt nach mir um. Aber zwischendurch, an guten Tagen, fand ich mich gar nicht so übel, gelegentlich sogar ganz attraktiv. Immerhin gelang es mir zumindest einen Mann so um den Verstand zu bringen, dass er beschloss, seine Gene mit mir zu teilen.

Jetzt aber bin ich eine Mutti. Mit der Befruchtung meiner Eizelle wechselte ich die Werbe-Zielgruppe. Ab sofort bin ich anscheinend die Frau, die dazu gebracht werden soll, Nutella, Windeln, Durgol, Waschmittel, Swiffer-Tücher und No-Touch-Hygiene-Seife zu kaufen. Statt nackter Haut und Paillettenkleider trage ich postnatal praktische Jeans und bunte Blusen und freue mich ganz ganz doll, wenn die Flecken aus Sohnemanns Fussballtrikot raus sind. Statt Raubtiere streichle ich nun Pullis. Und wenn ich die Augen schliesse und genüsslich stöhne, esse ich vermutlich Schokolade.

Wie ist es nur dazu gekommen? Wer hat die männerverschlingende Venus in Frau Breihirn-Bünzli verwandelt?
Anscheinend die Schwangerschaft. Und was führte zur Schwangerschaft? Das Parfüm. Denn eigentlich ist das heimliche Ziel der meisten Raubtierstreichlerinnen und Meeresschaumbadenden die Verführung eines Mannes.

Realisieren sie, dass genau dies sie im Handumdrehen dahin bringen kann, wo ich mich jetzt befinde? Realisieren sie, dass sie damit ihr Paillettenkleid und die High-Heels mit bügellosem BH und Kompressionsstrümpfen tauschen müssen? Realisieren sie, dass sie damit ihre makellose Haut ausleiern und die schlanke Silhoutte ausbeulen? Realisieren sie, dass sie damit nicht nur ihre Werbezielgruppe wechseln, sondern auch ihre Job- und Karrierechancen auf ein Minimum reduzieren?

Darum sollten auf den Parfümverpackungen, so wie bei den Zigaretten, Warnhinweise gedruckt werden. Bsp. "Die Verwendung dieses Produkts kann zu Schwangerschaft führen." Am besten ergänzen wir sie mit ein paar abschreckenden Bildern, etwa von unförmigen, kotzenden Frauen mit Schwangerschaftsstreifen und Krampfadern.