Donnerstag, 22. November 2012
Hallo Welt
Kürzlich überraschte ich mich selbst beim Lesen eines ganzseitigen Artikels. Nicht eines in der Wir Eltern. Nicht eines im Nido. Eines in der Neuen Zürcher Zeitung. Nicht zum Thema Pränatale Diagnostik. Nicht zum Thema Schreibaby. Eines zum Thema Rohstoffe in Grönland und die Frage, ob das Land Förderrechte an China abtreten sollte oder nicht. Und wenn ja, welche Konsequenzen das haben würde. Und warum ausser China derzeit weder die EU noch die USA an Grönlands verborgenen Schätzen interessiert ist.
Die Welt hat mich wieder.
Der allererste positiven Schwangerschaftstest löst ja einen Wirbelsturm der Fragen aus. Er rast mitten in das bisher beschauliche und wohlgeordnete Leben und lässt einem völlig zerzaust und mit offenem Mund zurück. Mein Gehirn kam mir vor wie ein A-Promi im Blitzlichtgewitter: Gehirn, Gehirn! Wie soll es denn nun mit S. nach der Schwangerschaft weitergehen? Wird sie weiterhin arbeiten? Und wenn ja wie viel? Gehirn, beantworten Sie Ihren Fans die Frage, ob S. plant, im Spital oder im Hebammenhaus zu gebären? Na, Gehirn, wissen Sie schon, wo das Bettchen stehen wird? Unsere Leserschaft möchte wissen, ob sich S. schon Gedanken gemacht hat zur Windelfrage. Stoff oder Papier? Gehirn, heute gilt es früh zu entscheiden, ob nach der Geburt gleich mit dem Impfplan begonnen werden soll, wissen Sie dazu schon mehr? Gehirn! Ein Freund der Familie hat uns mitgeteilt, dass S. und M. vorerst kein Interesse an einer Hochzeit haben. Sagen Sie, was soll denn mit S. und dem Baby geschehen, wenn M. etwas zustösst?
Panisch rannte ich vom Zivilstandesamt zur Bank, las mich durch Babyratgeber und einschlägige Magazine, vergoogelte unzählige Stunden im Internet um Vor- und Nachteile von Dondolos zu eruieren und die Diskussion Tummytub vs. Flexibath zu verfolgen und sprang mitten in der Nacht aus dem Bett, um potentielle Wickeltisch-Standorte auszumessen. Jeder, der das Pech hatte, mir in dieser Zeit zu begegnen wurde entweder monothematisch vollgequasselt oder, so er selber schon Kinder hatte, einem Kreuzverhör unterzogen, das der spanischen Inquisition Ehre gemacht hätte. Kurz: Ein paar Wochen lang befand ich mich im Neuschwangeren-Ausnahmezustand.
Nun, mit Beginn des zweiten Trimesters, scheine ich den Blick wieder vom Mikrokosmos in mir auf die Welt um uns herum lenken zu können. Die Welt, in der mein Kind aufwachsen wird.
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Sonntag, 11. November 2012
Die natürlichste Sache der Welt
Als ich so durch den Wald trabte, begann es zu regnen. Dicke fette Tropfen fielen mir auf Kopf und Nase. Innert kurzer Zeit war ich durchnässt. Dennoch fühlte ich mich so fröhlich wie schon lange nicht mehr.
Eigentlich bin ich ja ein totaler Sportmuffel. Sport interessierte mich lange gar nicht - weder auf noch abseits dem Bildschirm. Sportsachen waren dazu da, zu Hause bequemer auf dem Sofa fläzen zu können. Sportlehrer werden sich, wenn überhaupt, nur an einen Teenie erinnern, der mit schwarzem Riesen-Shirt und Pijamahosen übellaunig in der entferntesten Ecke der Turnhalle rumlungerte. Ich war nie gut in Sport und wollte es auch nicht sein.
Die Verzweiflung
Etwa mit 24 realisierte ich, dass ich nicht ewig würde Schokolade essen können, ohne mich in das Star-Wars-Monster Jabba zu verwandeln. Erst verzichtete ich auf Schokolade. Nach zwei Tagen wurde mir klar: Ein Leben ohne ist keins. Also warf ich mich notgedrungen in T-Shirt und ausgeleierte Sofahosen und besuchte zum ersten Mal im meinem Leben ein Fitnessstudio.
Ich weiss nicht, was schlimmer war: Die Maschinen, die an Möbel einer mittelalterlichen Folterkammer erinnerten? Die dazu passende sado-masochistische Stimmung? Der antiseptische Geruch? Die anzüglich bis debil stöhnenden Muskelprotze?
Es sei nicht überall so, trösteten mich Freundinnen. Also ging ich in ein anderes. Dort herrschte zwanghafte Nein-was-sind-wir-jung-cool-schön-und-sportlich-Stimmung, der Dresscode schien mir anspruchsvoller als bei einem Dinner bei der Queen und alle schminkten sich VOR dem Sport. Sogar die Jungs. Klar dass ich auffiel wie eine Eringer Kuh im Gazellengehege. Aber ich war ja hier, um Sport zu treiben.
Doch auch damit war ich, gelinde gesagt, komplett überfordert. Die Moves verlangten von jedem Körperteil etwas anderes, gleichzeitig, versteht sich. (Ich habe leider schon Mühe, wenn ich gleichzeitig reden und atmen soll. Gibt es eigentlich einen politisch-korrekten Ausdruck für die Schwäche, nicht zwei verschiedene Dinge gleichzeitig tun zu können? Psycho-motorisch-anders-begabt vielleicht?) Der als entspannend angepriesene Yogakurs war auch nicht besser: Der Leistungsdruck unter den Teilnehmern war schlimmer als an einer chinesischen Balletschule.
Die Erleuchtung
Ich war verzweifelt. Und ausserdem blank. Ich hätte mir das Fitnessstudio nicht leisten können, selbst wenn ich es gewollt hätte. In meiner Not holte ich ein Paar Turnschuhe aus der Verbannung und rannte um den nächstgelegenen Wald. Es war die Entdeckung der natürlichsten Sache der Welt. Laufen. Da war nur ich und die Welt. Keiner stöhnte, keiner guckte, keiner schrie mich an ("Na los! Noch drei! Noch zwei!!"). Ich brauchte, ausser Schuhen, kein Material. Ich konnte laufen, wann ich wollte, wohin ich wollte, so schnell (oder langsam) ich wollte und so weit ich wollte. Und es war absolut gratis.
Dass es zu einer Sucht geworden ist, kann ich nicht behaupten. Zwar laufe ich nun schon mehr als acht Jahre regelmässig, doch noch immer gibt es Tage, an denen ich mich überwinden muss, die Laufschuhe anzuziehen. Wenn es regnet zum Beispiel. Aber sobald ich losgelaufen bin, fühle ich mich einfach super. Ok, meistens jedenfalls.
Darum hoffe ich, dass mir das Laufen auch während der Schwangerschaft nicht vergeht. Denn regelmässiges, moderates Ausdauertraining ist auch für das Baby gut: Es trainiert sein Herzchen und macht es stresstoleranter. Manche Forscher behaupten sogar, die Kinder werden dadurch schlauer und sportliche Mütter hätten eine leichtere Geburt. Sicher ist: Geht es der Mama gut, geht es auch dem Baby gut. Und wenn ich laufe, geht es mir gut.
Nachtrag
Schwanger laufen geht nur mit dem richtigen Sport-BH. Am besten lässt man sich in einem Sport- oder Dessousgeschäft beraten. Bei der Anprobe testlaufen oder -hüpfen. Klingt doof, aber nur so findet man heraus, ob er wirklich alles gut beisammen hält. Ich persönlich habe die besten Erfahrungen mit Odlo und dem Modell "High Ultimate Fit" gemacht. Zwar ärgern mich die etwas rauen Nähte an der Innenseite, aber er stützt wirklich wunderbar.
Sonntag, 4. November 2012
Fett
Kürzlich musste ich leer schlucken. Ich stiess auf Bilder des Models Gisele Bündchen. Im sechsten Monat.
Ich meine, klar ist die Frau Model von Beruf. Dennoch würde wohl sogar so manche nichtschwangere Frau sofort mit Gisele Bündchens 6-Monate-Figur tauschen.
Eigentlich bin ich zu beneiden. Ich sehe zur Zeit, bauchumfangmässig gesehen, etwa so aus wie sie.
Nur bin ich im dritten.
Besorgt hatte mich die Praxisassistentin beim letzten Besuch auf mein angestiegenes Gewicht aufmerksam gemacht. Als sie mein bestürztes Gesicht sah, beeilte sie sich zu erklären, es könne natürlich auch am Wasser liegen, dass man einlagere.
Am Wasser?
Ich vermutete eher, dass es an meinen unglücklichen Liebschaften lag. An der leidenschaftlichen Beziehung mit schwarzer Nussschokolade. An der innigen Liebe zu Curries mit Kokosmilch. An Myukos Verführungskünsten. An den knusprigen Mais-Chips mit hausgemachter Guacamole, am sagenhaft guten Hunky-Punky Schokoladen-Glace von Booja-Booja, und vor allem auch an meiner neuen Angewohnheit, meist zweimal zuzugreifen. Ich hatte schon immer einen gesunden Appetit. Nun aber habe ich HUNGER.
Jetzt zeigte sich der gravierende Nachteil mangelnder Übelkeit in den ersten drei Monaten. Das Regenwetter und die Müdigkeit hatten das ihre dazu beigetragen, dass ich mein Pilatestraining und meine Waldläufe nicht mehr mit derselben eisernen Disziplin absolvierte, wie sie mir noch vor der Schwangerschaft noch zu eigen war.
Die Folge: 2.6 Kilos Hüftgold in knapp fünf Wochen. Uff.
Es war hart. Tränenreich verabschiedete ich mich von meinem Schokoladenvorrat. Wir einigten uns auf eine Fernbeziehung, bei der wir uns zumindest am Wochenende treffen würden. Statt Curries würden fortan Suppen und Salate auf dem Speiseplan stehen. Ich nahm meine Waldläufe wieder auf. Und ich fand auf Youtube jede Menge Fitness-Filmchen für Schwangere. Etwa von Karla. (Wer hier lockere Entspannungsgymnastik erwartet, wird enttäuscht. Ich fühlte mich noch zwei Tage später, als hätte mich ein Deutscher Schäferhund in den Po gebissen.) Auch Pilates- oder Yoga-Anleitungen finden sich für Schwangere.
In der Zwischenzeit orientiere ich mich lieber an den Fotos der schwangeren Lily Allen oder Drew Barrymore. Das macht mich nicht so deprimiert.
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Samstag, 3. November 2012
Gäähn
Ich bin einer jener Kleingeister, denen es trotz aller guten Vorsätze nicht gelingt, über so profanen Dingen wie Dreck und Unordnung zu stehen. Dreck und Unordnung machen mich konfus und unglücklich. Versinkt unser Zuhause im Chaos, kann ich mich auf nichts mehr konzentrieren. Pechmarie ähnlich stolpere ich dann durch die Räume und halte mir die Ohren zu, weil es aus allen Ecken und Enden in stetig ansteigender Lautstärke seufzt und klagt: "Saug mich, ich bin so schrecklich staubig!", "Falte mich, falte mich, ich liege schon seit Tagen in diesem Wäschekorb!" oder "Bitte, bitte, putz mich, ich stinke zum Himmel!" (Schade nur, dass die Goldmarie nach getaner Arbeit kein Goldregen erwartet. Dafür ein paar Tage Seelenfrieden.)
Gäähn.
Also taumle ich auch nun, da Müdigkeit zum ständigen Begleiter geworden ist, mit Wischmopp und Staubsauger durchs Haus. Ungeheure Willensstärke ist vonnöten, um mich beim Bettenmachen nicht gleich wieder in die Federn zu stürzen. Sei es im Zug, beim Einkaufen, beim Duschen, beim Mittagessen, am Telefon, ein Teil von mir befindet sich derzeit stets im Tiefschlaf.
Am allerschlimmsten aber ist das Arbeiten am Computer. Allzuoft ertappe ich mich dabei, wie ich minutenlang auf den Bildschirm starre, ohne zu verstehen, was ich eigenlich gerade lese (oder schreibe). Ratgeber empfehlen ja, sich regelmässig draussen zu bewegen. Aber wenn auch an der frischen Luft die Lebensgeister erwachen, bin ich von meinem Waldlauf zurück an der Wärme, könnte ich mich erst Recht aufs Ohr hauen.
Gääähn.
Kürzlich stiess ich auf www.unclutterer.com, der Online-Bibel aller ordungsliebenden Menschen (und nebenbei bemerkt auch guter Ratgeber zur grümpellosen Einrichtung und Organisation von Kinderzimmern) auf ein Kissen, das mir in der jetzigen Situation sehr entgegenkäme, da es Schlafen jederzeit und überall möglich macht. Schade hat es keinen Platz in meiner Handtasche.
Jetzt mal ernsthaft. Sollte einem die dauernde Müdigkeit schon mal darauf vorbereiten, dass man die nächsten paar Jahre nur noch halb wach durchs Leben schlurfen wird?
Zum Glück bin ich (GÄÄÄÄÄHN!) gerade zu müde, um mir dazu ernsthaft Gedanken zu machen.
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