Freitag, 17. Mai 2013
Warten auf Bébé
Es sind die letzten Tage in Freiheit. Die letzten Tage nur zu zweit. Geniessen sollten wir sie, sagen uns alle.
Stattdessen rase ich durch Haus und Garten, sauge, bügle, jäte, mähe, putze, wische und schrubbe und mache letzte Ausflüge in Umstandkleiderläden, um (noch mehr) Still-BHs und Nuschitüchter zu kaufen.
Jetzt ist alles bereit.
Das Babybett ausgesucht und zusammengebaut, das Kind beim Kinderarzt und der Versicherung angemeldet, vom Wickelkissen über das Pucktuch bis zur Brustwarzencrème schlicht alles besorgt, was besorgt werden kann.
Der Geburtsvorbereitungskurs besucht, Atemtechniken geübt, das Spital besichtigt und die Anfahrt je nach Verkehrssituation besprochen.
Der Gemüsegarten bepflanzt, der Rasen gemäht und das Staudenbeet gejätet.
Die Wohnung geputzt, also das Bad, die Küche, sogar den Kühlschrank und die Fenster und sämtliche Textilien gewaschen und getrocknet.
Alle unsere Freunde und Verwandten nochmal getroffen, die Haare geschnitten, Mails beantwortet und Rechnungen bezahlt.
M. im Vaterschaftsurlaub.
Der grosse Tag kam und ging. Das Kind blieb im Bauch.
Etwas ratlos hängen wir seither herum und versuchen uns im letzten Punkt auf der Liste: Geniessen.
Nur geht das in der 41. Woche nicht mehr so gut.
Ausflüge? Nur noch in die nächste Umgebung.
Velofahren? Unbequem.
Wandern? Anstrengend.
Sex? Unbequem. Und anstrengend. (Obwohl es ja die Wehen anregen würde ...)
Wellness? Die würden mich in meinem Zustand wohl nicht mehr reinlassen. Keiner will die Verantwortung übernehmen (geschweige denn die Sauerei aufwischen), wenn ich im Rhassoul oder im Blütendampfbad niederkäme.
Essen gehen? Nach der letzten Schwangerschaftskontrolle inklusive Messung des Gewichts hat auch das den Spassfaktor verloren. (Folgende Tiere fielen mir bei Anblick der Zahl ein: Seekuh. Walross. Elefant.)
Glücklicherweise finden wir jetzt doch noch einige hochschwangerentauglichen Beschäftigungen. Man muss sich einfach überlegen, was man mit einer rüstigen, wenn auch 93-jährigen Tante unternehmen würde.
Gemütliches Spazieren.Schiff fahren.Scrabble spielen.
Ins Museum gehen. (Klappstühlchen keinesfalls vergessen. Und anschliessend gute Vorsätze über den Haufen werfen und Kuchen im Museumscafé essen.)
Lesen.
Schlafen.
Filme gucken. (Zum Beispiel "Der erste Schrei".)
Ab und zu fragt M.: Und, tut sich schon was? Und ich (lausche kurz in mich hinein) und antworte: Nö.
Gelegentlich beult sich mein Bauch wild in alle Richtungen. "Wenn er nach dir kommt, will er vermutlich schon lange raus, findet aber den Ausgang nicht!" spottet M. "Wenn er nach dir kommt, ist er ein so schlimmer Trödler, dass er erst kommt, wenn wir ihm ernsthaft mit der Einleitung drohen", gebe ich zurück, während ich versuche, mich auf dem Sofa in eine bequeme Lage zu manövrieren und geflissentlich meine Zehen ignoriere, die mehr und mehr kleinen, weissen Chipolata-Würstchen gleichen.
Nachdem ich überzeugt war, das Kind käme zu früh und ich sei noch nicht bereit, sorge ich mich nun, dass das Kind nicht selber rauskommen will. Denn spätestens 10 Tage nach Termin soll nachgeholfen werden. Ich bin ja eine sehr gastfreundliche Person und verstehe es daher als Kompliment, dass das Baby sich bei mir so wohl zu fühlen scheint. Darum geht mir ein brachialer Rauswurf auch so gegen den Strich. Ausserdem kann er alle möglichen Komplikationen nach sich ziehen. (Eine weitere, aber nicht sehr ratsame Beschäftigung für überreife Schwangere: Internetrecherchen. Lieber auf Facebook bei The skeptical mother bewegende Geburtsgeschichten und Babyfotos anschauen!)
Das ist nämlich das Blöde am sogenannten Übertragen. Man hat Zeit, sich Sorgen zu machen.
Aber auch mehr Zeit, sich zu freuen.
Und Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen