Donnerstag, 18. April 2013

Auf die Mode pfeifen

So stilbewusst könnte man Rad fahren. Eigentlich.

Kürzlich erntete ich ein paar merkwürdige Blicke. Erst dachte ich mir nichts dabei, schliesslich ist mein Bauch nun nicht mehr zu übersehen, dass da also ab und zu fasziniert oder auch entsetzt drauf geglotzt wird, erstaunt mich nicht. Ich erschrecke selber auch immer ein bisschen, wenn ich mich unvorhofft in einem Schaufenster spiegle.

Gestarrt wurde für einmal aber nicht wegen meines Bauchumfangs, der Anlass zur baldigen Mehrlingsgeburt geben könnte, sondern wegen meines Aufzugs: verwaschener XL-Basketball-Kapuzenpulli, farbverspritzte,labbrige Pyjamahosen, fingerlose Handschuhe, Bommelmütze und Turnschuhe, die ich normalerweise zum Rasenmähen trage. Es fehlten nur noch Dosenbier, Kippe und räudiger Hund, um den Obdachlosenlook zu vervollständigen.

Dabei hatte ich nur beschlossen, wieder mal etwas Sport zu treiben. Nachdem ich mich nämlich Jahre lang drei bis vier mal die Woche fast aus dem Haus prügeln musste, vermisste ich nun, da sie mir mein Bauch verunmöglicht, tatsächlich meine Waldläufe. Bis zur 28. Woche trabte ich noch wacker meine Runden, doch dann begann mein Bauch mit Unterleibskrämpfen gegen jedes Tempo zu protestieren, das die Durchschnittsgeschwindigkeit einer 89-jährigen am Rollator überschritt. Also stellte ich die Laufschuhe in die Ecke. Und begann zu degenerieren: Bald verkam schon das morgendliche Anziehen der Kompressionsstrümpfe zum schweisstreibenden Workout.

Um dem entgegen zu wirken, beschloss ich, M. fortan bei seinem Lauftraining auf dem Velo zu begleiten. Kaum beschlossen, musste ich feststellen, dass das nicht nur mein fortgeschrittener Schwangerschaftstzustand, sondern vor allem auch mein grosser Bauch und die geschwollenen Füsse verhindern wollten. Kein einziges meiner stylishen, multifunktionalen, atmungsaktiven Sport-Outfits passten mir noch über den gewölbten Leib. Und draussen war es gefühlte Knapp-um-den-Gefrierpunkt. M.s Sportsachen trug er selbst, der Rest war in der Wäsche.

Ich fackelte nicht lange, sondern griff mir aus M.s Schrank, was bequem war und mir über den Bauch passte. Es erfüllte seinen Zweck bei der Umradlung des Flughafens Zürich. Erst als ich damit durch den Flughafen zum Bahnhof hinunter schlurfte, realisierte ich, dass ich wegen meines Aufzugs von der Flughafenpolizei kontrolliert werden könnte.


Aber wenn man schwanger ist, werden einem gewisse Dinge auf einmal so herrlich egal.

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