Montag, 29. Oktober 2012

Schwurbli


Angestrengt starrte ich auf das Schwarz-Weiss-Foto in meiner Hand. Irgendwie glich es einer sehr schlechten Aufnahme eines sehr einsamen Tiefdruckgebietes über Mitteleuropa.

Soeben hatte mir die Frauenärztin meine Schwangerschaft bestätigt. Ganz nüchtern und vernünftig klang sie dabei, als wäre das ganz normal, das plötzlich jemandem ein zweiter Mensch im Bauch heranwächst.

Ist es ja auch. Eigentlich.

Als ich anrief, um mich anzumelden, lief das etwa so ab:
Ich (sehr aufgeregt): "Grüezi, ich hätte gern einen Termin bei Fr Dr. B."
Praxisassistentin (kurz angebunden): "Für eine Jahreskontrolle?"

Ich (nervöses Kichern unterdrückend): "Ja, äh, nein. Ich  bin schwanger, also, ich glaube ich bin es."
Praxisassistentin (verwirrt): "Also, sind Sie schwanger oder nicht?"
Ich (im Versuch überzeugend zu klingen): "Ich glaube schon."
Praxisasstintin (geduldig): "Haben Sie denn schon einen Test gemacht?"
Ich: "Ja."
Praxisasstintin (etwas weniger geduldig): "Und war er denn positiv?"
Ich (etwas verzweifelt): "Ja schon, aber ich habe nur einen gemacht. Vielleicht war der ja falsch. Weil, also, ich merke noch gar nichts. Müsste ich besser noch einen machen?"

Praxisasstintin (seufzt, realisiert aber, dass sie es mit einem besonders einfältigen Wesen zu tun hat und verspürt bereits Mitleid mit dem Ungeborenen, spricht langsam und deutlich): "Es kann vorkommen, dass der Test nicht positiv anzeigt, obwohl Sie schwanger sind. Wenn der Test aber positiv ausgefallen ist, sind Sie mit grosser Sicherheit schwanger."
Ich (verlegen): "Aha."
Praxisasstintin (belehrend): "Der Test misst ein bestimmtes Hormon im Urin, er kann also gar nicht positiv ausschlagen, wenn kein solches Hormon vorhanden ist." Steht schliesslich in jeder Bedienungsanleitung, Sie Trantüte.
Ich (noch verlegener): "Ach so."
Praxisassistentin (tief durchatmend): "In welcher Woche sind Sie denn?"
Ich: "Ich habe keine Ahnung, wissen Sie, mein Zyklus war immer so ungenau und darum weiss ich nicht genau, also, wann, ähm, es passiert ist ... Also wir waren eben noch in den Ferien und dann ..."

Ich erspare euch den Rest.



Als ich M. stolz das allererste Bild unseres Kindes zeigte (schau hier, ja das Weisse da, nein, hier, dieser Fleck hier, der aussieht wie ein Erdnüsschen!), starrte er eine Weile angestrengt darauf und fragte dann: "Das kleine Geschwurbel hier?"


Manche nennen ihres ja Menschli, Brösmeli, Murkel, Zwergli, Gummibärli oder Pünktli.

Nie hätte ich gedacht, dass ich mal bei einem solchen Unsinn mitmachen würde.

Aber seit dieser Unterhaltung nannten wir unser eigenes Bauchwunder "Schwurbli".


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